Lustige Geschichten ..

„Du könntest ein Buch über Mama und Papas Pflege schreiben.“ sagte unlängst meine Schwägerin zu mir. Bei einer Tasse Tee auf dem Sprung erzählten Schätzelchen und ich ihr einige neue Anekdoten über ihre Mutter. Seit die Schwägerin krank ist, sieht sie die Mutter selten und möchte mehr erfahren.

Ein Buch schreiben? Eher nicht. Abgesehen von der fehlenden Schreibbegabung, da bin ich ganz realistisch ;-), gibt es gute Gründe, ein solche Idee niemals umzusetzen.
Und die sind entscheidender. Denn so lustig, wie sich manche Geschichten auch anhören, eigentlich sind sie doch sehr traurig. Beschreiben sie – jedenfalls bei Schwiegermutter – die Entwicklung einer alten Frau zum hilflosen Baby.
Würde ich wollen – an ihrer Stelle – dass Familienmitglieder öffentlich machen, was mir an großen und kleinen Peinlichkeiten im Laufe des Tages, im Laufe der Jahre, so passieren? Nein, das würde ich nicht wollen. Ausrufezeichen!
Familienintern lächeln wir manchmal über einige Geschichten. Das ist genaugenommen schon nicht nett. Aber wie soll man sonst diese Entwicklung immer aushalten und begleiten?
Einige Geschichten erzählen wir gar nicht. Vorkommnisse, bei denen es nichts mehr zu lächeln gibt. Schwamm drüber und vergessen.
Und so werden meine Schwager nie erfahren, wie die letzten Jahre der Eltern wirklich verlaufen sind. Aber sie wollen es wohl auch gar nicht wissen.
Selbstschutz? Egoismus? Wer weiß das schon.
1331 mal mitgeschlummert
piri - 10. Nov, 20:02

Schade

Liebe Schlafmütze, denn ich empfinde es nicht als Bloßstellung, sondern als Information und Alltagsgeschichte. Auch Altersgeschichte, denn das kommt früher oder später auch auf uns zu - oder wir sind gar selber betroffen.

Ich respektiere deine Einstellung und kann nur sagen, dass ich es bewundernswert finde, einen alten Menschen, den man ganz anders kannte, zu pflegen. Ich sehe es an meiner Mutti, dass ich das selber schwer ertragen kann...

schlafmuetze - 11. Nov, 18:14

Hallo Piri :-)

Ich selber würde es als Bloßstellung empfinden.
Ich würde nicht gerne wollen, dass andere davon erfahren, ob ich Windeln tragen muß oder nicht und welche dummen Dinge ich tue. Natürlich gibt es Geschichten, die man erzählen kann. Auch frühere Bekannte von Schwiegermutter fragen manchmal, wie es ihr geht. Da erzählen wir schon das eine oder andere, damit sie sich ein Bild machen können. Aber ich lasse die Bereiche aus, die meiner Meinung nach die Privat- und Intimsphäre verletzen.

Gut in Erinnerung geblieben ist mir eine kl. Geschichte aus dem Dorf. Kaum kannte ich die Bewohner in unserer Strasse hier, hörte ich schon eine kl. Begebenheit über die Oma meiner Harzbegleiterin. Sie lief öfter nackt auf der Strasse umher und fand nicht nach Hause. Da war sie schon eine alte Frau und "tüddelig", wie es früher hieß.
Ich empfinde es selber als nicht schön, dass ich bei Nennung ihres Namens immer an diese Geschichte denken muß. Obwohl ich nicht einmal dabei war und die Frau auch nicht mehr kennengelernt habe.
So soll es Schwiegermutter nicht gehen. Ich will nicht, dass die Leute bei Nennung ihres Namens an die Frau denken, die sie jetzt ist mit all den negativen Begleitumständen.
Vielleicht fällt es mir leicht, sie zu pflegen, weil sie nicht meine Mutter ist.
Ganz liebe Grüße in den sonnigen Süden ;-)
iGing (Gast) - 10. Nov, 23:19

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Link funktioniert, aber wenn's geht, unbedingt lesen!! Wärmstens empfohlen.

https://krautreporter.de/115--vom-verschwinden

iGing (Gast) - 11. Nov, 11:02

Was auch immer der Grund ist, mal erscheint beim einen, mal beim andern Link der richtige Artikel. Gemeint ist jedenfalls der Artikel "Auf der Suche nach der Zukunft von Alzheimer-Patienten: Vom Verschwinden".
schlafmuetze - 11. Nov, 19:54

Hallo iGing :-)

Ich habe jetzt den einen Link gelöscht, denn der obige ist wohl richtig :-)
Danke auch. Von diesem Dorf habe ich schon mal gelesen, aber nicht so ausführlich. Leider kann ich den Artikel nicht ganz lesen, da ich dafür gleich zahlendes Mitglied werden muß.
Interessant ist die Idee sicherlich. Das, was den Menschen in normalen Heimen geboten wird, ist ja nicht besonders reizvoll.
Ob ein solches Dorf das Richtige ist? Es hört sich alles ziemlich teuer an, da frage ich mich schon, was bleibt an Einkommen fürs Personal über? Und kann sich der Normalsterbliche sowas überhaupt leisten? Ist die Idee flächendeckend umsetzbar?

Wir haben den Eindruck, dass sich meine Schwiegermutter zu Hause am wohlsten fühlt, weil sie hier schon über 60 Jahre lebt.
Das Dilemma ist eben, dass oftmals alte Menschen nicht mehr zu Hause gepflegt werden können, weil die Kinder arbeiten oder sich damit überfordert fühlen.
Grüßli :-)
iGing - 11. Nov, 23:07

Ah, okay, ich wusste nicht, dass man die Artikel nur so knapp angerissen lesen kann, schade.
Der Preis für die Unterbringung in dem besagten Dorf beträgt laut Artikel 2.200 € im Monat, das ist natürlich für die meisten Leute horrend und nicht bezahlbar. Aber das Dorf war gar nicht der Grund, warum ich den Artikel empfohlen habe.
Ich habe noch nie einen so einfühlsamen und berührenden Bericht über eine Alzheimer-Patientin (oder -patienten) gelesen, der sowohl die mutmaßliche Befindlichkeit der erkrankten Person wie auch die der Angehörigen beleuchtet. Vor allem zeigt er auf, wie in der ungewöhnlichen Perspektive des "Rückwärts-Lebens" umso besser geholfen werden kann, je mehr und je genauer man die persönliche Lebensgeschichte des Kranken kennt. Was wohl auch beinhaltet, dass es für den Kranken am besten ist, wenn er da lebt, wo er immer gelebt hat bzw. seine Kindheit verbracht hat.
Iggy - 11. Nov, 14:43

fehlende schreibbegabung?

ausrede! ;-)
ich verstehe schon, warum du es nicht tun willst, aber es schadet doch keinem. und der nutzen ist viel größer. ihr habt doch mitlerweile soviel erfahrungen, lustige und deprimierende, die könnte man mit anderen teilen. schreibe einfach ein tagebuch, rückwirkend. es muss ja sonst keiner lesen. oder vielleicht irgendwann einmal...
übrigens: ich bewundere das sehr, was du tust!

schlafmuetze - 11. Nov, 20:16

Hallo Iggy ;-)

Nix da Ausrede :-) ich kenne meine Grenzen.
Ja, Erfahrung haben wir mittlerweile. Das trifft ja auch aufs Schätzelchen zu.
Ob da ein großer Nutzen wäre, wage ich zu bezweifeln. Ich fürchte, es schreckt eher ab, sich die Pflege zuzutrauen oder hält Angehörige davon ab es zu versuchen.
Wir haben uns da langsam reingefunden, das ist ein anderer Start.

Witzigerweise haben wir vor 9 Jahren, als Schwiegervater zum Pflegefall wurde, einen Kursus gemacht bei der Sozialstation, um die wichtigsten Grundgriffe und Tricks zu kennen. Da war auch eine Dame von ca. 70 Jahren, die von ihrem dementen Mann erzählte, der wie ein Baby hinter ihr herläuft und sie keine Minute aus den Augen läßt.
Und ich dachte bei mir, da haben wir ja Glück gehabt, dass wir "nur" einen halbseitig Gelähmten zu versorgen haben, der klar bei Verstand ist.
So kann es kommen. Aber bei Schwiegermutter empfinde ich das nicht als so schlimm, weil wir da langsam hineingerutscht sind.
Grüßli :-)
GEF (Gast) - 11. Nov, 21:29

Liebe Schlafmütze,

ich glaube nicht, dass du ein Buch darüber schreiben solltest. Auch deine Schwägerin würde nicht wollen, das Fremde lesen, was ihr so alles mit der Mama und dem Papa erlebt habt. Das hat sie sicher nur gesagt um dir zu sagen, dass sie dich/euch auch für die Arbeit bewundert.

Doch genau darüber habe ich dich gefunden. Dabei wollte ich nicht über deine Schwiemu lachen, sondern ich war auf der Suche nach Verständnis. Ich war auf der Suche nach Rat. Meine eigenen Erlebnisse mit meiner Schwiegermutter konnte ich nicht wirklich einorden und manches Mal habe ich mich ungerecht behandelt gefühlt, war wütend, habe geweint, doch wenn ich dann las, dass es anderen mit ihren "Oldies" auch so ging, konnte ich mit den erlebten Dingen viel besser umgehen. Es wurde mir klar, dass weder die Schwiemu noch ich etwas dafür konnten.

Doch ich verstehe dich ganz genau und denke auch manches sollte nicht veröffentlicht werden. Nicht hier im Internet und auch nicht in einem Buch.

Und doch freue ich mich, wenn du ab und zu mal etwas erzählst.

Ganz liebe Grüße
Deine Frieda

schlafmuetze - 20. Nov, 21:49

Ach liebe Frieda ..

jetzt habe ich noch gar nicht deinen Kommentar beantwortet.
Schwups.. , ist irgendwie so durchgerutscht.
Du hast recht, Schwägerin würde das auch nicht wirklich wollen. Sie sagte es als Anerkennung.

Es stimmt schon, der Austausch mit anderen Betroffenen ist wirklich hilfreich, um bestimmte Dinge einordnen zu können.
Man muß lernen, nichts persönlich zu nehmen; wer das nicht hinbekommt, hat es schwerer.
Aber wir bekommen das gut hin *zwinker*.
Grüßli :-)

Jetzt auch: https://omaschlafmuetze.wordpress.com/

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